Ausflug ins Medien-Universum

Ausflug ins Medien-Universum 1280 632 JDB

Zu Gast bei den (anderen) Profis: Regelmäßig dürfen die JDB-Volontäre anderen Medienschaffenden bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen. Wieso der Besuch bei MEEDIA für Redaktionsvolontärin Vanessa einer Raumfahrt ähnelte.

Kurz hinter dem Rathaus und der Mönckebergstraße residiert der Online-Dienst für die Medienbranche MEEDIA in einem schicken Altbau. In dem hellen, überschaubaren Konfi entführte Redaktionsleiter und Geschäftsführer Georg Altrogge uns auf eine Reise ins Medien-Universum. Und der erfahrene Journalist weiß, wovon er spricht: Er arbeitete unter anderem für „Bild“ und die Technik-Zeitschrift „Tomorrow“. Vor zehn Jahren gründete er gemeinsam mit Medienunternehmer Dirk Manthey MEEDIA – und entschied sich damit früh, alles anders als andere Medienhäuser zu machen: digital zu sein. Den Impuls lieferte Manthey, der seit Anfang der Neunziger in Malibu lebte. Dort hatte er beobachtet, dass die Begeisterung der Amerikaner für Print-Produkte – anders als in Deutschland – stetig abflachte. Viele Medienhäuser plagten Probleme im Hinblick auf sinkende Nachfrage und Verkaufszahlen. Gleichzeitig lagen die USA bei der Digitalisierung des Medienbereichs vorn. Inspiration genug für Manthey und Altrogge.

Medien die ersten Gewinner der Digitalisierung
Mit ihrem Medienportal setzten sie darauf, dass der digitale Wandel auch die deutsche Medienbranche erfassen würde. Und behielten Recht. Während der Print-Planet im medialen Universum heute stetig schrumpft, wächst der Himmelskörper namens Digitalisierung. Viele Verlagshäuser satteln um. „Ich würde meine Hand nicht dafür ins Feuer legen, dass es ein Blatt wie den Spiegel in sechs Jahren noch gibt“, erklärt Altrogge. Dennoch könne Print weiterhin funktionieren, „vor allem, wenn man seine Zielgruppe kennt und ein zu ihr passendes Produkt auf den Markt bringt.“

Dass auch MEEDIA in den vergangenen zehn Jahren bisweilen vor Problemen stand, verschweigt Altrogge nicht. So hatten er und sein Kompagnon unterschätzt, wie schwierig sich das Geschäft mit Anzeigenkunden im Onlinebereich in den Anfangsjahren gestaltete. 2013 sprang ein finanzkräftiger Käufer ein: Die Verlagsgruppe Handelsblatt übernahm 100 Prozent der MEEDIA-Anteile und sicherte so den Fortbestand.

Altrogge sieht nach wie vor insbesondere die Vorteile des Onlinekanals: Da ist zum Beispiel die zielgruppengerechte Ansprache und Aufmachung. Digital ließe sich Content individuell und zu jedem Zeitpunkt für jeden Leser aufbereiten. Gleichzeitig erinnert er daran, wie das Internet die journalistische Recherche ungemein erleichtert hat. „Insofern waren die Medien die ersten Gewinner der Digitalisierung“, fasst der Chefredakteur zusammen. Und ich muss ihm Recht geben – mit zwei, drei Klicks über Google, Facebook und Co. finde ich in kürzester Zeit die wichtigsten Fakten.

Anonyme Briefe und geheime E-Mails
Doch um ihren Lesern exklusive Geschichten zu bieten, recherchiert MEEDIA nicht nur online. Marvin Schade ist als Korrespondent für MEEDIA regelmäßig in Berlin, um investigativ zu arbeiten. Bei unserem Besuch berichtet er von anonymen Briefen und geheimen E-Mail-Verläufen, die ihm zugespielt werden. Wenn darin etwa Chefredakteure oder Redaktionen angeschwärzt werden, ist es Schades Aufgabe, die Fakten zu prüfen: Stimmen die Vorwürfe? Was sagen die Betroffenen? Schade hat Leidenschaft für das, was er tut. Als ihm einmal ein Fehler bei einer seiner Geschichten unterlief, vergrub er sich tagelang im Bett, erzählt er. Ein echter Journalist eben.

Vier Stunden später ist der Ausflug ins Medien-Universum vorbei. Als unsere Gruppe den Altbau verlässt, komme ich ins Grübeln. Ich fühle mich tatsächlich ein bisschen wie nach einer Raumfahrt. Vielleicht gerade, weil es für die Branche keine genaue Zukunftsprognose gibt. Ähnlich wie beim Weltall: grunderforscht, und doch überraschend unbekannt. Können Planet Print und der Digitalisierungsriese in friedlicher Co-Existenz leben? Und wenn ja, wie lang noch? Solange Menschen und Marken noch Freude an einem haptischen Produkt haben, bestimmt, beschließe ich für mich selbst. Die Milchstraße bietet schließlich viel Platz für beide.

Text: Vanessa Rusert
Fotocredit: TBA