AU S G A B E 5 / 2 0 2 3 · 7, 5 0 E U R O · D U P - M AG A Z I N . D E Gesamtauflage: 258.397 Exemplare UNTERNEHMER Plattform für Digitalisierung und Nachhaltigkeit 5 0 1 0 5 7 0 8 8 5 6 8 9 1 4 GRÜNE GESCHÄFTE Recycling, Innovationen, KI: Wie Kreislaufwirtschaft die Welt verändert und Unternehmen blühen lässt KI-REVOLUTION Roboter in Bayern entwickelt Eigenleben BIG BANG HEALTH Top-Mediziner starten durch in die digitale Zukunft WATZKE IM FOKUS Auf dem DUP UNTERNEHMER TAG entbrennt eine Leistungsdebatte

EDITORIAL UMDENKEN IM HEALTH-SEKTOR: TECHNOLOGIE HILFT LIEBE LESERIN, LIEBER LESER, Ende August hat der Branchenverband Bitkom den Status quo der Digitalprojekte der Bundesregierung bewertet. Das Ergebnis war – insgesamt betrachtet – nicht erfreulich: Von 334 geplanten Vorhaben wurden bisher nur elf Prozent umgesetzt. Besonders in den Bereichen Verwaltung und Bildung ist Luft nach oben. Gute Noten gab es allerdings für das Gesund- heitswesen: Der Bitkom lobte die Pläne zur flächen- deckenden Ein führung der elektronischen Patienten- akte und die beschleunigte Planung und Genehmigung digitaler Infrastruktur – was schließlich die Voraus- setzung für digitale Anwendungen in der Medizin ist. DIGITALISIERUNG ERMÖGLICHT VERSORGUNG Über den Stand der Transformation des Health-Sektors und die Zukunft der Medizin wurde auch beim BIG BANG HEALTH-Festival in Essen intensiv diskutiert (siehe ab Seite 68). Und bedingt durch die Coronapan- demie hat sich in der Tat bei medizinischen Dienstleis- tungen einiges getan. Telemedizinische Konsultationen sind inzwischen weit verbreitet; Gesundheits-Apps, die von der Kran- kenkasse bezahlt werden, gibt es vermehrt. Wearables, die Vitaldaten messen, sind auch bei den über 65-Jäh- rigen im Kommen: Bereits 13 Prozent nutzen sie laut Bitkom. Einen weiteren signifikanten Sprung wird es sicher geben, wenn die Messung des Blutdrucks per Smartwatch ebenfalls zuverlässig möglich ist. Ich we- nigstens kaufe mir dann ebenfalls eine. Uns in Europa machen digitale Anwendungen das Leben leichter oder sorgen für eine engmaschigere Betreuung. In vielen Gebieten Afrikas, Lateinamerikas oder Asiens aber ermöglichen sie überhaupt erst die medizinische Versorgung. Denn wenn das Kranken- haus nur über viele Kilometer Fußmarsch durch un- wegsames Gelände erreichbar ist, muss digital kom- muniziert und das Medikament oder Hilfsmittel per Drohne geliefert werden. Das macht etwa in Malawi das deutsche Unternehmen Wingcopter. Vor Kurzem wurde ein weiterer spektakulärer Durchbruch erzielt: Ein Gelähmter kann wieder gehen – zumindest ein paar Schritte. Durch Hirnim- plantate, Künstliche Intelligenz und Elektroden im Rückenmark. Einer Kombination modernster Techniken gelingt heute also das, was Menschen von biblischer Zeit an fasziniert: die Lahmen wieder laufen zu lassen. BRIGITTE ZYPRIES Herausgeberin des DUP UNTERNEHMER-Magazins - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Sie haben Lob, Kritik, Anregungen? Schreiben Sie an redaktion@DUP-magazin.de BLEIBEN SIE UP TO DATE! Unser Newsletter bietet jeden Donnerstag: wertvolle, praxiserprobte Tipps für Unternehmer:innen News aus den Bereichen Transformation, Finance, Leadership & Sustainability Jetzt anmelden unter DUP-magazin.de/newsletter

KARRIERE & NACHFOLGE 82 84 Ohne Fleiß kein Preis: Denise Hoppe ist als Vermögensbe- raterin eine der besten ihres Fachs Die Großen als Vorbild: M&A-Experte Sergio Manjon setzt auf Analysetools, Techniken und Mitarbeiterqualifikationen AUTO & MOBILITÄT 92 96 Sichtbarer Wandel: Die IAA Mobility stand 2023 ganz im Zeichen von Zukunftsthemen Ready to ride: Harley-Davidson bietet Kurse für Anfänger und Wiedereinsteiger an Top-Stars wie George Clooney sprachen auf der Digital X in Köln zu den wichtigsten Zukunftsthemen [ ab Seite 26 ] Gratis- Check [ Seite 33 ] Arbeitgeber der Zukunft Deutsches Innovationsinstitut für Nachhaltigkeit und Digitalisierung In Kooperation mit Ist Ihr Unternehmen zukunfts- fähig aufgestellt? Ist es attraktiv für junge Talente? Die DIND-Checks zeigen Ihnen, ob Sie ein „Arbeit geber der Zukunft“ sind oder „Top Service“ anbieten! 70 72 73 74 76 78 80 Innovation braucht Empathie: Für digitale Technologien ist menschliches Einfühlungsvermögen wichtig – besonders in der Medizin Schlaftherapie für zu Hause: Das MedTech-Unternehmen ResMed hilft bei nächtlichen Atemaussetzern und intensivem Schnarchen Binge-Watching für die Gesundheit: Die Online-Plattform BGM4 bietet eine neue Form des Betrieblichen Gesundheitsmanagements Früherkennung fördern: Folke Tedsen von der HanseMer- kur über branchenübergreifende Zusammenarbeit Telematik-Infrastruktur: Den Gesundheitsfachberufen kommt im digitalen Gesundheits- wesen eine Schlüsselrolle zu Trendstudie von Bayer Vital: Menschen sowie digitale Tools sind die Zukunft der Medizin „Frauenherzen schlagen anders“: Warum Gendersensibilität in der heutigen Medizin so wichtig ist INHALT Inmitten schroffer Gipfel, grüner Almen und wilder Klammen lässt sich im Allgäu perfekt auftanken [ ab Seite 100 ] LIFE & STYLE 100 Einfach „wanderbar“: Auftanken im Alpenvorland Allgäu, inmitten traumhafter Landschaften 102 Shopping der Zukunft: „The Bicester Collection“ bietet eine Welt aus Genuss und „Retailtainment“ 103 Business-Trip ins Fürstentum: Monaco verspricht Geschäftsreisen- den ein attraktives Umfeld 104 Saubere Sache im Takt: Auch Uhrenhersteller denken das Thema Nachhaltigkeit mit SCHLUSSWORT 106 DUPs „letzte Seite“: Mit Start-up-Pionierin und Vorden- kerin Verena Pausder M U S S E R P M I VERLAG JDB MEDIA GmbH, Schanzenstraße 70, 20357 Hamburg, Tel.: 040 468832-0, Fax: 040 468832-34, E-Mail: redaktion@DUP-magazin.de GESCHÄFTSFÜHRUNG Jens de Buhr, Ayse Mese REDAKTIONSANSCHRIFT DUP UNTERNEHMER-Magazin, Schanzenstraße 70, 20357 Hamburg, E-Mail: redaktion@DUP-magazin.de VERLEGER Jens de Buhr (V.i.S.d.P.) HERAUSGEBERIN Brigitte Zypries CHEFREDAKTION Alexander Steudel REDAKTIONSLEITUNG Christian Buchholz, Andreas Busch AUTOREN DIESER AUSGABE Julius Bachmann, Sven Burmeister, Stefica Divkovic, Josef Erlacher, Kira Feldmann, Verena Fink, Arne Gottschalck, Jenny Gruner, Kathy Günther, Christine Kiefer, Jenny Kunz, Eleonora Kurbanov, Magda Lehnert, Kai Makus, Michael Neher, Lisa Reschka, Daniel Schlee, Christian Slotta, Katharina Ungar, Stefan Westendorp, Mark Simon Wolf. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nur die Meinung der Autorinnen und Autoren wieder, nicht die der Redaktion. LAYOUT Thore Hoffmann BILDREDAKTION Julia Poppe (Ltg.), Sandra Hassfeld LEKTORAT Uta Kleimann, Ulrich Paasch MARKETING & ANZEIGEN JDB ContentWerft GmbH, sales@jdb.de, Tel.: 040 468832-0, jdbcontentwerft.de/team DRUCK Frank Druck GmbH & Co. KG, Preetz VERTRIEB EINZELVERKAUF DMV GMBH & CO. KG, Hamburg ABO-VERWALTUNG PressUp GmbH, DUP UNTERNEHMER-Magazin, Postfach 701311, 22013 Hamburg, Tel.: 040 386666-358, Fax: 040 386666-299, dup@pressup.de AGENTUREN/FOTOGRAFEN ALEXANDER VON SPRETI (S. 53), Alois Mueller (S. 85), Benjamin Vergely (S. 103), Caroline Pitzke (S. 65), Deutsche Telekom AG (S. 5, 26, 27, 28, 30), Dirk Beichert BusinessPhoto (S. 50), DLR (S. 22, 24), Filiz Serinyel (S. 106), Getty Images/4x6 (Titel), Getty Images/Andji (Titel), Getty Images/anttohoho (S. 16), Getty Images/ArnaPhoto (S. 16), Getty Images/ArtistGNDphotography (S. 61), Getty Images/ coolkengzz (S. 44), Getty Images/Counterfeit_ua (S. 16), Getty Images/ElizaLIV (S. 49), Getty Images/Far700 (Titel), Getty Images/ filo (S. 13), Getty Images/Frants Tsyvinskyi (S. 14, 15), Getty Images/gorodenkoff (S. 31, 54), Getty Images/gunnar3000 (S. 84, 86, 87), Getty Images/Infadel (S. 19), Getty Images/instamatics (S. 56), Getty Images/Intpro (S. 46), Getty Images/Irina_Strelnikova (S. 38, 52, 53), Getty Images/kadmy (S. 58), Getty Images/Lisa5201 (S. 63), Getty Images/Maria Volkova (S. 13), Getty Images/ MicrovOne (Titel), Getty Images/mushakesa (S. 42, 48), Getty Images/Olivier Le Moal (S. 58), Getty Images/Omadbek Nabiev (Titel), Getty Images/Pavlo Stavnichuk (S. 18), Getty Images/ Peacefully7 (S. 16), Getty Images/robuart (S. 10), Getty Images/ RossHelen (S. 57), Getty Images/RyanKing999 (S. 59), Getty Images/ Sanja Djordjevic (S. 12), Getty Images/sesame (S. 50), Getty Images/ Suesse (S. 15), Getty Images/TarikVision (S. 40, 43), Getty Images/ Tera Vector (Titel, S. 4), Getty Images/vectorplusb (S. 8), Getty Images/walking-onstreet (S. 8), Getty Images/welcomia (S. 62), Getty Images/zodebala (S. 64), Grimaldi Forum Monaco 2021/Olivia Marocco (S. 103), GrimaldiForumMonaco/Sylvain Peroumal (S. 103), Harley-Davidson Motor Company (S. 95), HDI/John M. John (S. 52), Johannes Haas (S. 58), Magda Lehnert (S. 5, 98, 100, 101), Malte Knaack (S. 3), Michael Neher (S. 94, 95), Offenblende/Andrej (S. 32, 33, 68, 69, 70, 71, 76, 77), Offenblende/Nils (S. 73, 80), Offenblende/Ravi (S. 4, 33, 35, 37), Offenblende/Sofia (S. 66, 69, 72, 74, 75, 79), Patrycia Lukas (S. 106), Philipp Czampiel/diffferent (S. 16, 17), Philipp Möller (S. 20), PM Fotografie Janet Müller (S. 82, 83), Ruppografie - Nadine Rupp (S. 42), SAM L’Anse du Portier/ Valode & Pistre Architectes (S. 103), Stefano Trovati/SGP (S. 102), The Bicester Collection (S. 102), Thore Hoffmann (Titel, S. 16, 17), UnitPlus/Markus Lieder (S. 60), VDA/IAA MOBILITY (S. 90), Werner Bartsch (S. 36), PR (S. 12, 25, 29, 31, 36, 41, 44, 46, 49, 57, 59, 63, 79, 92, 93, 96, 97, 104, 105) DUP UNTERNEHMER 05

Mehr erfahren

LESETIPPS DIGITAL IN DIE GRÜNE ZUKUNFT Wirtschaft und Politik suchen nach Wegen in eine grünere Zukunft. Doch es sind innovative Start-ups, die eindrücklich demonstrieren, wie digitale Technologien zum Klimaschutz und gleichzeitig auch zum wirtschaftlichen Erfolg beitragen. Ab Seite 10 NEUE KRISEN, NEUE AUFGABEN Es muss ja nicht gleich ein Tornado sein, manchmal reicht schon starker Schneefall, um das Fortbestehen eines Betriebs zu gefährden. Klimaresilienz heißt die Lösung im Umgang mit zunehmenden Extrem- wetter-Phänomenen. Ab Seite 14 GESUCHT: GREEN TALENTS Nachhaltigkeit ist im Bewerbungsprozess heute ebenso wichtig wie Position, Gehalt MULTIMEDIA-STORY oder Standort. Eine Herausforderung für Mehr zu unserem Titelthema lesen und sehen Sie in Unternehmen, denn „grüne“ Fachkräfte unserer Multimedia-Story unter: sind ohnehin Mangelware. Ab Seite 18 Mehr unter DUP-magazin.de/xyz 09 DUP UNTERNEHMER

D ie Vereinten Nationen (UN) schlagen Alarm: Laut einem Bericht des UN-Kli- masekretariats aus dem Spätsommer rei- chen die nationalen Klimaschutzbeiträge derzeit nicht aus, um die bei der Pariser Klimakonferenz 2015 vereinbarten Ziele zu erreichen und die Erderwärmung bis zum Jahr 2030 auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Auch Deutschland hinkt den eigenen Ansprüchen weit hinterher und wird laut Umweltbundesamt die im Klimaschutzgesetz bis 2030 festgeschriebene CO2-Reduktion um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 wohl nicht einhalten. Zumal derzeit hierzulande wie auch weltweit die Wirtschaft lahmt. 60 Prozent der Unternehmen stellen deshalb nach- haltige Initiativen hintenan, wie die „Talent Trends Studie 2023“ von Randstad Sourceright zeigt. Darin wurden über 900 Führungskräfte und Personalver- antwortliche aus weltweit 18 Ländern zur Bedeutung von Nachhaltigkeit befragt. SCHOLZ: „2023 ENTSCHEIDENDER MOMENT“ Die Aussichten sind also schlecht – doch zumindest der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz ist optimis- tisch. Er sagte Mitte September beim UN Climate Action Summit in New York: „2023 könnte ein ent- scheidender Moment in unserem Kampf gegen den Klimawandel werden.“ Wie Scholz zu dieser positiven Einschätzung kommt? „Wir lassen unseren Worten Taten folgen. Als Land sind wir unserer Zusage nach- gekommen, mindestens sechs Milliarden Euro für die internationale Klimafinanzierung bereitzustellen. Wir haben das bereits drei Jahre früher als im Vorfeld angekündigt getan, 2022 statt 2025“, so Scholz. Doch vor allem von Umweltschutzverbänden sowie Vertreterinnen und Vertretern von Klimabe- wegungen wie „Fridays for Future“ erntete der deut- sche Regierungschef ausschließlich Kopfschütteln. Und: Die von Scholz geführte Ampel-Regierung verabschiedete vor wenigen Wochen und nach lan- gem Streit die Reform des Klimschutzgesetzes – und strich die verpflichtenden Vorgaben für einzelne Wirtschafts bereiche und deren CO2-Ausstoß aus dem Gesetzespapier. Die FDP freut’s, die Grünen nicht. OHNE DIGITALISIERUNG GEHT ES NICHT Christian Schiller, Gründer und CEO von Cirplus, einem digitalen Marktplatz für Rezyklate und Kunst- stoffabfälle, ist laut eigener Aussage ein Befürworter der freien Marktwirtschaft. Trotzdem fordert er: „Die Politik muss signifikant eingreifen und zum Beispiel die Produktion von Neuplastik über eine CO2-Bepreisung deutlich teurer machen.“ Nur so könne Deutschland die Klimakurve vielleicht noch kriegen. Vorreiter in Sachen Recycling und innovativer Technologien zur Wiederaufbereitung von Kunststoff werde Deutschland laut Schiller jedenfalls nicht mehr. Schließlich ist die Chemieindustrie die Nummer drei unter den Arbeitgebern des Landes und habe kein In- teresse daran, gewinnoptimierte Prozesse zugunsten von wirklich nachhaltigen Circular Economy-Tech- nologien über Bord zu werfen. Schiller schaut deshalb lieber nach Schweden: „Dort entsteht gerade die mo- dernste und größte Recyclinganlage der Welt. Obwohl Deutschland die mit Abstand größte Kunststoffwirt- schaft und das größte Abfall aufkommen in Europa hat. Wir könnten so eine Anlage eigentlich auch bauen, aber der Wille ist nicht da“, so der Hamburger. Schiller hat mittlerweile einen direkten Draht nach Berlin, wurde auch vom Bundesumweltministerium in den Rat der 20 Kunststoffweisen berufen und berät als Mitglied des „Runden Tisches Kunststoffe“ die Bundesregierung bei der Erarbeitung der nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie. Bis Ende des Jahres soll die stehen, aktuell wird hinter verschlossenen Türen noch hart gerungen – die Kunststoffhersteller sind auch dabei. Das Problem: Neuware einzusetzen ist für Unternehmen immer noch wesentlich günstiger und einfacher als recycelter Kunststoff in guter Qualität. „Deshalb wird es ohne Digitalisierung aufgrund der Komplexität im Recyclingmarkt nicht gelingen, ska- lierbare Lieferketten aufzubauen. Nur so können wir vom Neuware-Einsatz im großen Maßstab wegkom- men und den Rezyklateinsatz erhöhen“, sagt Schiller. Ohne Investitionen in Nachhaltigkeit (siehe In- terview Seite 12) und vor allem digitale Technologien werden Unternehmen kaum mehr nachhaltiger und damit auch nicht wirtschaftlicher. Künstliche In- 11 DUP UNTERNEHMER

UNTERNEHMENSSTR ATEGIE | TITELTHEMA TIPPS FÜR EIN GRÜNES IMAGE NACHHALTIGES FÜHREN Um langfristig erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen heute holistisch und mit Weitsicht agieren. Das beinhaltet ein stabiles Geschäftsmodell, starke Teambindung und fundierte Entscheidungen um das umzusetzen. Coach Julius Bachmann gibt sechs Tipps für Unternehmerinnen und Unternehmer. WEIT ÜBER ÖKOLOGIE NUTZEN SIE BETEILIGEN SIE HINAUSDENKEN GESCHICHTEN ALS ANKER ALLE STAKEHOLDER Ohne eine ganzheitliche Sichtwei- se über die Ökologie hinaus riskie- ren Sie, die Notwendigkeit dieses Themas zu übersehen. Nachhaltig- keit umfasst auch wirtschaftliche Stabilität und die Resilienz Ihrer Organisation. Berücksichtigen Sie daher alle Auswirkungen Ihrer Entscheidungen, überfordern Sie Ihre Organisation nicht mit unrea- Geschichten sind mächtige Werk- zeuge, um Werte zu vermitteln. Setzen Sie sich mit Ihrem Team zusammen, und teilen Sie Erleb- nisse, in denen Mitarbeitende As- pekte von Nachhaltigkeit demons- triert haben. Diese persönlichen Geschichten stärken das Teamge- fühl und zeigen, dass Ihr Unter- Eine ganzheitliche Herangehens- weise ist der Schlüssel zur Nachhal- tigkeit. Binden Sie alle Beteiligten – Mitarbeitende, Kunden und die Unternehmensgemeinschaft – in Entscheidungsprozesse ein. Nur so können Sie sämtliche Einflussfak- toren berücksichtigen und optimale Lösungen finden. Ihre Geschäfts- nehmen bereits auf dem richtigen entscheidungen werden so fundier- listischen Zielen und Budgets. Weg zur Nachhaltigkeit ist. ter und zukunftsorientierter. KOMMUNIZIEREN SIE KLAR UND REGELMÄSSIG DURCH WEITERBILDUNG IN DIE VERANTWORTUNG NACHHALTIGKEIT IN IHRER STRATEGIE VERANKERN Informieren Sie Stakeholder, Mitar- beitende und Kunden regelmäßig über Ihre Nachhaltigkeitsbemü- Schulen Sie Ihre Mitarbeitenden in Bezug auf nachhaltige Praktiken, und ermutigen Sie sie, Vorschläge Die Einstellung zu Nachhaltigkeit muss im Herzen Ihrer Unterneh- mensstrategie verankert sein. hungen und -ziele. Kommunikation ist das wichtigste Führungsins- trument. Nur wenn Sie Nachhaltig- keit regelmäßig auf die Agenda bringen, bleibt es Thema in der Or- ganisation. Wenn Ihnen durch die vielen Wiederholungen schwinde- zur Verbesserung der internen Abläufe zu machen. Ernst zu neh- mende Budgets für Weiterbildung bereiten den Weg dafür, dass Ihr Team gut ausgebildet in die Verantwortung gehen kann. So werden Ihre Pläne am Ende Bevor Sie Ihre Nachhaltigkeitsziele festlegen, führen Sie eine ehrliche Bestandsaufnahme durch, identifi- zieren Sie Stärken und Schwächen. Passen Sie Ihre Unternehmens- mission an, sodass Nachhaltigkeit im Mittelpunkt steht und Ihre lig wird, ist es gerade genug. (nachhaltig) umgesetzt. Entscheidungen prägt. JULIUS BACHMANN ist einer der füh- renden Executive Coaches für Unter- nehmerinnen und Unternehmer in Europa 13 DUP UNTERNEHMER

Risiken des Klimawandels zu wappnen, ihre Mitar­ beitenden zu schützen und sich in einem dynamischen Markt erfolgreich zu behaupten. INVESTITIONEN IN RESILIENZ SCHÜTZEN DIE GEGENWART UND ZUKUNFT men die Auswirkungen klimabedingter und ander­ weitiger Störungen minimieren und sich schneller erholen. Mehr noch: Sie passen ihr Geschäft an die neue Realität an und können trotz eines sich verän­ dernden Klimas wachsen. Um die Resilienz gegenüber dem Klimawandel zu verbessern, müssen Unternehmen einen proaktiven Ansatz verfolgen. Einige konkrete Schritte, die sie un­ ternehmen können: Erstens Maßnahmen zur Anpas­ sung umsetzen, beispielsweise durch die Überprüfung und Aktualisierung von Business­Continuity­Plänen und die Identifizierung von potenziellen Ausfällen in der Lieferkette. Zweitens alternative Finanzierungs­ möglichkeiten sondieren, etwa parametrische Versi­ cherungen. Drittens Prozesse des Risikomanagements überprüfen und aktualisieren, um sicherzustellen, dass sie die Gefahren des Klimawandels berücksichti­ gen. Und viertens in neue Technologien und Lösungen investieren, die dabei helfen, extreme Wetterereignisse besser vorherzusagen und darauf zu reagieren. Selbst auf Unternehmensebene verfügen Orga­ nisationen, die versuchen, ein kritisches Klimaereig­ nis zu bewältigen, oft nicht über die notwendigen Methoden zur Verwaltung der Ressourcen, die für eine ausreichende Widerstandsfähigkeit erforderlich sind. Hindernisse sind dabei etwa sich überschnei­ dende oder nicht miteinander verbundene Tools, Data­Feeds, Schnittstellen und Teams, die Firmen genau dann verlangsamen, wenn jede Minute zählt. Besonders Silo­Lösungen verkomplizieren Prozesse und sorgen für Verwirrung, wenn Abteilungen und Leitzentralen eigentlich synchron arbeiten sollten. Aus diesem Grund ist ein vollständig integrierter und ganzheitlicher Ansatz für das Management kritischer Events entscheidend, wenn es darum geht, die Re­ silienz gegenüber klimatisch bedingten sowie sämt­ lichen anderen kritischen Ereignissen, die ein Unternehmen bedrohen, zu erhöhen und die Ge­ schäftskontinuität zu gewährleisten. Mit den richtigen Lösungen, wie etwa einer CEM­Plattform (CEM steht für Critical Event Management), können Unterneh­ WIE SICH UNTERNEHMEN AN NEUE REALITÄTEN ANPASSEN KÖNNEN Eine solche integrierte Plattform bietet Abteilungen, die mit dem Management von Naturkatastrophen beauftragt sind, eine ganzheitliche Lösung für Ex­ tremwetterphänomene. Mit einer zentralen Plattform können Teams, Abteilungen und Leitzentralen schnell und koordiniert operieren – CEM­Software kann beispielsweise Warnungen senden, die den Ersthelfern und betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wertvolle Zeit geben, um die Risiken einzuschätzen sowie gefährdete Teammitglieder und Güter zu iden­ tifizieren und zu lokalisieren. Auf diese Weise verfügen alle Personen und Ab­ teilungen über die notwendigen Informationen und Daten, die sie für ein schnelles Handeln benötigen. Im Nachgang zeigen Analysen auf, wo und wann Engpässe die Reaktionen verzögert haben und wo Änderungen die Prozesse verbessern können. Mehr unter DUP-magazin.de/klimaresilienz LORENZO MARCHETTI ist Public Affairs Manager bei Everbridge. Zuvor war er Analyst für das Private Equity and Finance for Growth Laboratory bei SDA Boccni und Praktikant bei der Delegation der EU in den Verei- nigten Staaten in Washington Wiederaufbau: Nur wer jetzt in die Zukunft investiert, wird Krisenzei- ten überleben und daraus gestärkt hervorgehen 15 DUP UNTERNEHMER

GASTBEITRAG Insbesondere für mittelständische Unternehmen wird die Nachhaltigkeitsberichtspflicht aufwendig. Dabei eröffnet die Verbindung von Nachhaltigkeit und Digitalisierung Unternehmen neue Möglichkeiten, ihre Berichterstattung effizienter zu gestalten, sagen Eleonora Kurbanov und Daniel Schlee. sich etwa durch Charakteristika wie Transparenz, Skalierbarkeit und Zukunftsfähigkeit aus. Daten-Inventar für die Berichterstattung anlegen Wer frühzeitig die wesentlichen Nachhaltigkeits­ themen bestimmt, kann leichter Chancen, Risiken sowie Ziele und Maßnahmen definieren. Damit geht eine Daten­Inventarisierung einher. Folglich gilt es, alle relevanten Quellen und Belege, die für die Bericht­ erstattung erforderlich sind, zu identifizieren. Nutzungsszenarien aufsetzen und Verantwortlich- keiten klären Um das ESG­Datenmanagementsystem effektiv ein­ zusetzen, sind konkrete Nutzungsszenarien und An­ wendungsfälle im Unternehmen zu definieren. Es ist wichtig, klare Zuständigkeiten und Verantwortlich­ keiten für die Datenerfassung, ­pflege und ­analyse festzulegen. Im besten Fall sollte ein eigens etablier­ tes Nachhaltigkeitsteam zusammengestellt werden, dessen Mitglieder aktiv als Nachhaltigkeitsexpertin­ nen und ­experten geschult und positioniert werden, interne Prozesse verstehen sowie Führungsstärke beweisen. Weiterhin ist ein gut durchdachter Work­ flow entscheidend, um effizient und konsistent zu berichten sowie weitere strategische Ableitungen aus den ESG­Daten vorzunehmen. Es sollten klare Pro­ zesse für die Datenerfassung, ­validierung und ­ana­ lyse entwickelt werden. ESG-Management-Cockpit als Steuerungstool nutzen Ein ESG­Management­Cockpit kann als zentrales Steuerungstool dienen, um die gesammelten ESG­ Daten zu visualisieren und zu überwachen. Dies er­ möglicht einen umfassenden Überblick über die Nach­ haltigkeitsleistung des Unternehmens und unterstützt die Entscheidungsfindung auf strategischer Ebene. Die sogenannte doppelte Wesentlichkeitsanalyse bildet eine fundierte Ausgangslage, um auf Basis der erhobenen Daten eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln. Definieren Unternehmen ein ESG­Ambitionsniveau für die nachhaltige Entwicklung mit jährlichen Zielen und konkreten Messgrößen im Rahmen einzelner Maßnahmen­Programme, fällt es prinzipiell leichter, Nachhaltigkeitsprioritäten zu setzen und das gesamte Unternehmen mitzunehmen. Die CSRD­Nachhaltigkeitsberichtspflicht erfor­ dert von Unternehmen eine gründliche Vorbereitung und Investitionen in effiziente ESG­Datenmanage­ mentsysteme. Indem KMU die Bedeutung von Nach­ haltigkeitsdaten erkennen und die richtigen Tools sowie Prozesse implementieren, können sie nicht nur die Anforderungen der CSRD erfüllen, sondern auch den strategischen Mehrwert von ESG­Daten voll aus­ schöpfen. Ergo ermöglicht eine erfolgreiche Umset­ zung des ESG­Datenmanagements, Nachhaltigkeit und Digitalisierung effektiv miteinander zu verbinden und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit eines Un­ ternehmens zu sichern. DANIEL SCHLEE ist Sustainability Consulting Lead bei diffferent, der Strategieberatung für Neues Wachstum DUP UNTERNEHMER 17

fragen verstärkt nach dem ESG-Engagement von Un- ternehmen. Aufgrund des Fachkräftemangels können viele Unternehmen aber offene Stellen nicht besetzen“, sagt Janas. Ein bisschen ist es wie bei der Henne und dem Ei: Bewerber und Bewerberinnen legen großen Wert auf glaubwürdige und umfassend verankerte Nachhaltigkeit – Unternehmen wollen diese bieten und ausbauen, finden aber schwer Personal dafür. Laut Umfrage empfinden 53 Prozent der Unternehmen das Finden qualifizierter Arbeitskräfte als größte Heraus- forderung. Erst danach folgen Punkte wie Wirtschaft- lichkeit oder die Definition von Aufgaben. „Gefragt sind unterschiedliche kreative Maßnah- men im Recruiting und die Investition in Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen der Belegschaften, um Green Skills zu entwickeln“, so Janas. Transparenz rund um den Veränderungsprozess ist dabei wichtig, so die Empfehlung der ManpowerGroup. Statt sich grüner zu verkaufen, als sie sind, sollten Unternehmen vermitteln, was ihre ökologischen Ziele sind, was da- für bereits erreicht wurde und was wie geplant ist. Mit dieser Ehrlichkeit ist es leichter, gerade auch die jün- gere Generation zu begeistern, da diese oft aktiv zur Veränderung beitragen will. Ein weiterer Tipp: Das Thema Nachhaltigkeit, ähnlich wie Vorsorge oder New Work, direkt schon in Stellenanzeigen aufnehmen und proaktiv im Bewerbungsgespräch thematisieren, sodass junge Talente direkt überprüfen können, ob die eigenen Nachhaltigkeitsziele mit denen des Un- ternehmens in Einklang stehen. In einem entsprechen- den Whitepaper der ManpowerGroup heißt es dazu: „Nachhaltigkeit ist für die nachwachsenden Genera- tionen ein natürliches Thema, ja eine Lebensgrund- lage. Sie ist kein Nice-to-have.“ MEHR ALS NUR EIN VORÜBERGEHENDER TREND Das erweiterte Verständnis, was Green Jobs und Skills sind, haben jedoch nicht alle. Auf die Frage, warum ein Unternehmen aktuell kein Personal für Green Jobs be- ziehungsweise Skills rekrutiere, antworteten 34 Prozent, dies sei auf ihre Branche nicht anwendbar, 29 Prozent waren unsicher, wie sie grüne Stellen oder Fähigkeiten für sich definieren sollten. ALLES NUR KLISCHEE? Die häufigste Antwort auf die Frage nach Herausforderungen rund um Green Jobs: Fachkräftemangel. Dennoch gibt es lokale Unterschiede. Während es in Berlin weniger schwie- rig zu sein scheint, „grüne“ Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter zu finden, tun sich Unternehmen im Süden Deutschlands schwerer, geeigne- te Bewerberinnen und Bewerber aufzutun. Eine mögliche Interpretation ist, dass allgemein als grün und offen geltende Standorte bei Green Talents auch als privater Lebensmittelpunkt gefragter sind. Deutschlandweit gaben 53 Prozent der Befragten an, dass das Finden qualifizierter Mitarbeiter und Mitar- beiterinnen eine der größten Schwie- rigkeiten sei. Die weißen Prozent- zahlen stehen für die Regionen Nord, West, Ost und Süd; die blauen explizit für die Städte Berlin und München. DUP UNTERNEHMER 19 3 2 0 2 t s u g u A , s r e t e m o r a b t k r a m s t i e b r A s e d n e m h a R m i d n a l h c s t u e D p u o r G r e w o p n a M r d e g a r f m U , “ t f a h c s t r i W e h c s t u e d e i d r ü f g n u r e d r o f s u a r e H d n u e c n a h C : s b o J n e e r G „ : e l l e u Q