Funkloch Deutschland – Ausbau von 5G

Funkloch Deutschland – Ausbau von 5G 1280 632 JDB

Thänk you for Trävelling with Deutsche Bahn!
Während auf der Welt über 5G diskutiert wird, fahre ich in einem ICE von Hamburg nach Berlin. Mit 230 Stundenkilometern Richtung Landeshauptstadt ohne Zwischenstopp.

Die einen lehnen sich zurück und genießen die Aussicht, die anderen versuchen zu arbeiten. Mein eigener Versuch scheitert dabei kläglich: weder das hoch angepriesene Wlan – die Wifi-Zeichen sind extra in jeder zweiten Sitzreihe auf die Sitze eingestickt – noch ansatzweise irgendein Empfang Richtung 5G funktioniert während der gesamten Fahrt. „Kein Netz“! Es prangt auf meinen Handys (!) – Telekom auf dem Dienst- und Vodafone auf dem Privathandy – und lacht mir höhnisch ins Gesicht. Meine Kollegin versucht verzweifelt aus den Büroräumen in der Schanze in Hamburg heraus, mir eine Powerpointpräsentation zuzusenden, die für den anstehenden Termin noch einmal durchgesehen werden muss. Eigene Dummheit: hätte ich sie noch im Büro vom Server auf den Laptop gespeichert, hätte ich mir dieses Ärgernis erspart. Mit Einfahrt in Berlin-Spandau dann die Erlösung – über einen Umweg, die Übertragung auf Whatsapp (Privathandy) via Airdrop auf Dienstcomputer, funktioniert endlich. Zeit bleibt mir jetzt während der Weiterfahrt zur Endstation Berlin Hauptbahnhof keine mehr.

Lieber Resignieren?
Es frustriert und macht mich wütend zu gleich: wie kann es sein, dass es 100 Meter hinter Hamburg über zwei Stunden lang weder der Bahn noch „Deutschland“ noch den jeweiligen Netzbetreibern möglich ist, Wifi und/oder Netzabdeckung zu gewährleisten? Und zum anderen: Warum ist es mir nicht möglich, mich zwei Stunden lang zurück zu lehnen und mich einfach mal netzfrei zu entspannen? Warum mache ich mich so extrem abhängig vom – nichtvorhandenen – Netzempfang? Alles Einstellungssache?

Beginne den Hausbau nicht beim Dach. So oder so ähnlich lautet ein spanisches Sprichwort. Laut giga.de fehlt die deutschlandweite Infrastruktur, um überhaupt ein Netzwerk mit schnelleren Datenübertragungen anbieten zu können. So kündigte Vodafone beispielsweise auf der Cebit 2018 an, bis Ende 2019 700 zusätzliche LTE Stationen, somit erst einmal 4G auszubauen und 55 Milliarden in diesen Ausbau zu investieren. Umgelegt wird letztendlich natürlich auf den Endverbraucher. Also auf mich und mein Privathandy. Immerhin, die Übertragung auf Whatsapp hat ja, zwar etwas spät, aber immerhin, man muss ja positiv denken, geklappt – danke Vodafone!

Das Ausland lacht (s. Bild): Nutzer surfen in Albanien laut einer Studie der Grünen doppelt so schnell, in Südkorea lag die durchschnittliche LTE-Downloadgeschwindigkeit pro Haushalt bereits im Jahr 2013 bei 60-70 Mbit. Die Krönung ist, dass selbst der deutsche Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Herr Altmeier, laut eigener Aussage schon gar nicht mehr mit ausländischen Ministern auf Autofahrten innerhalb Deutschlands telefoniert. Was sagt das wohl über uns aus?

Wer ist überhaupt zuständig?
Willkommen im Funkloch Deutschland! Aber wer ist jetzt in der Pflicht? Die Politik? Die einzelnen Netzbetreiber? Die Bundesnetzagentur? Die Bahn?

Ergibt es Sinn, lieber erst 4G auszubauen oder ist man dann in ein paar Jahren erneut Schlusslicht, wenn alle anderen Länder bereits jetzt in 5G investieren? Aber wie sieht die Landschaft dann aus? Stehen wirklich überall hässliche Sendemasten? Und welche gesundheitlichen Bedenken gibt es? Wissenschaftler warnen vor erheblichen Risiken.

Ich persönlich kann diese Fragen nicht beantworten und bin vielleicht auch ein Stückweit froh darüber, es nicht zu müssen. Ich steige einfach das nächste Mal in den Zug wie in ein Flugzeug – der Mensch das Gewohnheitstier weiß, dass man sich dort mal der Zeitung oder dem Buch statt dem Handy oder dem Laptop widmen kann. Und packe für die Fahrt vorsichtshalber Neurexan ein. Gegen nervöse Unruhestände. Falls es doch nicht klappt, mit der geänderten Einstellung.

Text: Eyke Katharina Junge

Fotocredit: Getty Images/Andrey Suslov